Geologie der Schweiz


Die Schweiz bietet eine interessante Geologie und vielfältige Landschaftsformen – vom Alpenbogen über das Mittelland bis zum Jura. Erfahren Sie, wie die heutige Schweiz entstand.

Wussten Sie, dass Teile der Schweiz einst von einem Meer bedeckt waren? Diese und weitere Informationen zur Entstehungsgeschichte und Geologie der Schweiz finden Sie auf dieser Seite. Wie es unter dem Erdboden aussieht, erleben Sie beim Besuch eines Felslabors wie dem Felslabor Mont Terri. Dort erforschen die Nagra und ihre Partner das Gestein Opalinuston.

Geologische Entstehungsgeschichte im Überblick

Meeresablagerungen, die Faltung der Alpen und des Juras, das Abtragen der Gebirge sowie die Vergletscherungen prägten das Aussehen der Schweiz. Die Karte zeigt die geologischen Verhältnisse und die Verbreitung der Gesteine an der Erdoberfläche.

Vereinfacht besteht die Schweiz von Norden nach Süden aus vier Einheiten:

  1. Falten- und Tafeljura im Norden und Nordwesten bestehend aus Kalken, Mergeln (Mischgestein aus Kalk und Ton), Tonen und Anhydrit/Gips
  2. Mittelland mit Molassebecken, einem Trog gefüllt mit Ablagerungen des Gebirges aus Sandsteinen, Nagelfluh, Silt und Mergeln
  3. Nordalpen mit Helvetikum vor allem aus kalkigen und mergeligen Sedimenten, die im Erdmittelalter abgelagert wurden
  4. Zentral- und Südalpen mit kristallinen Gesteinen, die durch die Erstarrung von Magma im Erdinnern auskristallisierten und die vor allem aus Graniten und Gneisen bestehen
Vereinfachte geologische Karte der Schweiz mit Profillinie (siehe Abb. unten). Abbildung: Nagra
Geologisches Profil der Schweiz von Nordnordwesten nach Südsüdosten (Nummern siehe Text). Abbildung: Nagra NTB 14-02, Dossier III (stark vereinfacht).

Tröge entstehen im Grundgebirge

Kristalline Tiefen-, Umwandlungs- und Ganggesteine [1] entstanden in der Erdkruste und bilden das kristalline Grundgebirge. Es formte sich während hunderten von Millionen Jahren durch Gebirgsbildungen. Vor über 250 Millionen Jahren senkten sich in der Perm- und der Karbon-Zeit (siehe geologische Zeitskala) Tröge [2] ins kristalline Grundgebirge ein. Diese wurden dann mit Abtragungsschutt des umliegenden Gebirges gefüllt. Die Überreste eines solchen Permokarbontrogs finden sich unter der Nordschweiz zwischen Frick und Konstanz.

Jura-Meer bedeckt Schweiz

In der Jura-Zeit war die Schweiz meistens von einem Meer bedeckt. Am Ozeanboden lagerten sich Sedimente ab, die allmählich verfestigt wurden und heute als Sedimentgesteine [3] auf dem älteren Untergrund liegen. In der späten Kreidezeit und im Tertiär wurden durch Zusammenschieben der adriatischen und der eurasischen Erdplatte die Alpen gebildet. Während einer relativ späten Phase der Alpenbildung wurden die Gesteine des helvetischen Ablagerungsraumes in Gesteinsstapel zerlegt, verfaltet und nach Norden verfrachtet [4]. Zwischen den Stapeln liegt das ins Meer geschüttete Abtragungsmaterial der sich bildenden Alpen [Flysch 5]. Weiteres Abtragungsmaterial der sich hebenden Alpen, sogenannte Molasse, sammelte sich vor den Alpen im Molassebecken [7] an.

Alpenbildung führt zur Jurafaltung

Der Druck der entstehenden Alpen wirkte sich bis in die Nordschweiz aus: Sedimentgesteine wurden vom kristallinen Untergrund abgeschert und zum Faltenjura [6] aufgefaltet.

Ausschnitt aus der geologischen Zeitskala

(in Millionen Jahre)

Karbon: -358,9 bis -298,9
Perm: -298,9 bis -252,2
Trias: -252,2 bis -201,3
Jura: -201,3 bis -145
Kreide: -145 bis -66
Tertiär (Paläogen & Neogen): -66 bis -2,588
Quartär: -2,588 bis 0

erdgeschichte

1. Falten- und Tafeljura

Falten- und Tafeljura bestehen im Wesentlichen aus den Gesteinen Kalk, Mergel und Ton sowie Anhydrit/Gips. Der von der Nordwestschweiz bis in die Region Schaffhausen verlaufende Tafeljura bildet aufgrund der unterschiedlichen Erodierbarkeit dieser Gesteinstypen eine Schichtstufenlandschaft. Die Erodierbarkeit beschreibt die Anfälligkeit oder den Widerstand eines Gesteins gegen das Abtragen (Erosion).

Vor allem in der Nordwestschweiz sind die Schichten zusätzlich durch Nord-Süd-verlaufende Störungszonen in Schollen aufgeteilt. Diese typische Oberflächengestalt des Tafeljuras mit höher gelegenen Bereichen und Tälern ist als Bruchschollengebirge bekannt. Sie bildete sich mit der Entstehung des Rheingrabens in der Erdneuzeit, vor rund 40 Millionen Jahren. Störungszonen sind Brüche in den Gesteinsschichten mit einer Verschiebung der einzelnen Gesteinsbereiche zueinander im Bereich von Zentimetern bis Kilometern.

Der Faltenjura beschreibt einen Bogen, der von der Region Genf und dem angrenzenden Frankreich im Westen bis nach Baden im Osten verläuft. Im Faltenjura wurden die Sedimentgesteine aufgrund der alpinen Gebirgsbildung gestaucht und dabei verfaltet. Schön erkennen lassen sich die mächtigen Kalkablagerungen zum Beispiel am Creux du Van (NE). Der Faltenjura wird nur an einzelnen Stellen von engen Quertälern, den Klusen, durchbrochen. Durch eine Klus führt häufig eine Strasse; sonst brauchen Strassenverbindungen einen Tunnel oder Pass.

2. Mittelland mit Molassebecken

Das Mittelland liegt zwischen dem Jura im Norden und den Alpen im Süden und erstreckt sich vom Bodensee bis an den Genfersee. Es ist durch markante Flussläufe und Seen geprägt.

Tief im Untergrund des Mittellands befindet sich das kristalline Grundgebirge. Darauf liegen Sedimentabfolgen aus dem Erdmittelalter (vor allem Meeressedimente wie Kalke und Tone). Darüber liegt die sogenannte Molasse; sie besteht aus Abtragungsschutt (Geröll, Sand, Silt und Tone) der entstehenden Alpen. In der Endphase der Alpenbildung sank die Erdkruste unter der Last des Gebirges und es entstand im Alpenvorland eine Senke. Diese wurde laufend mit Ablagerungsschutt aufgefüllt, der von Flüssen während rund 30 Millionen Jahren aus den Alpen nach Norden transportiert wurde – das Molassebecken bildete sich.

Meeres- und Süsswassermolasse enthalten Versteinerungen

Erosionsschutt aus den Alpen wurde im Meer respektive in Seen und Flusstälern abgelagert; dementsprechend gibt es Meeres- und Süsswassermolasse. Die Ablagerung erfolgte sortiert nach Korngrösse: Feinere Partikel wie Tonplättchen wurden weit ins Meer hinaus transportiert, bis an den Rand des heutigen Jura. Gröbere Partikel konnten in den Flüssen nicht so lange in Schwebe gehalten werden und blieben näher an den Alpen in den Flüssen liegen, beispielsweise als Kiesbänke. Meeresmolasse ist feinkörnig und besteht aus Mergel, Sandstein, Silt und Ton. Süsswassermolasse enthält mehr grobkörnige Anteil wie Nagelfluh und Sandstein. Verschiedene Schichten sind reich an Versteinerungen: Süsswassermolasse enthält Blätter, Süsswasserschnecken und -muscheln; Meeresmolasse enthält Meeresschnecken und -muscheln sowie Haifischzähne.

Geschichte der Meeres- und Süsswassermolasse

In die Senke, die in der Endphase der Alpenbildung im Mittelland entstand, drang Meerwasser ein. Sedimente wie Mergel und Sandsteine, die vor zirka 35 bis 30 Millionen Jahren darin abgelagert wurden, gehören zur Unteren Meeresmolasse.

Als Folge der verstärkten Hebung der Alpen wurden vor rund 30 Millionen Jahren grössere Mengen an Abtragungsschutt ins Molassebecken verfrachtet. Dadurch verlandete das Meer schnell. Die Sedimente, die dann vor 30 bis 20 Millionen Jahren vor allem in Flüssen abgelagert wurden, gehören zur Unteren Süsswassermolasse. Grobkörnige Komponenten wurden als Nagelfluh abgelagert. In einer späten Phase der Alpenfaltung wurden die Alpen-nah gelegenen Molassegesteine zusammengestaucht, verschoben und aus dem Molassebecken gehoben (z. B. Entstehung der Rigi).

Als der Meeresspiegel anstieg, wurde das Mittelland vor zirka 20 Millionen Jahren erneut vom Meer überflutet. Im schmalen Flachmeer lagerten sich vor zirka 20 bis 18 Millionen Jahren die Sedimente der Oberen Meeresmolasse wie Sandstein und Mergel ab. Gleichzeitig bildeten sich Deltas und bereits Schuttfächer.

Vor 18 bis 14 Millionen Jahren zog sich das Meer wieder zurück. Im Mittelland gab es viele Seen und Flüsse, grosse Schuttfächer beim Hörnli und Napf mit viel Kies sowie ausgedehnte Schwemmebenen mit Sand, Silt und Schlamm. Diese Sedimente der Oberen Süsswassermolasse wurden zu Konglomeraten wie Nagelfluh, Sandsteinen und Mergeln verfestigt.

Landschaft im Zürcher Weinland mit Blick über das Molassebecken bis zu den Alpen am Horizont. Foto: Nagra

Eiszeiten prägten das Mittelland

Über der Molasse liegen Lockergesteine (Schotter, Geröll, Kies, Sand, Silt, Ton …) aus den Eiszeiten der letzten zwei Millionen Jahre, die durch Flüsse und Gletscher verfrachtet wurden. Gletscher und Schmelzwasser besitzen viel Erosionskraft und haben die heutige Mittelland-Topografie wesentlich geprägt. Davon zeugen die zahlreichen Südsüdost-Nordnordwest verlaufenden und lang gezogenen Alpenrandseen, deren Felsbett meist unter mächtigen Lockergesteinen liegt. Diese glazialen Lockergesteine sind nicht verfestigt und bilden daher zum Teil einen schwierigen Baugrund, bieten aber auch Rohstoffe in Form von Kies und Trinkwasservorräten. In glazialen Lockergesteinen werden ab und zu auch Mammutzähne gefunden.

3. Nordalpen mit Helvetikum

Die Schweizer Alpen lassen sich in Nord-, Zentral- und Südalpen unterteilen; insbesondere für den gesamten Alpenbogen gibt es aber noch weitere Einteilungen. Das sogenannte Helvetikum bildet vom Thunersee bis ins Rheintal den Alpennordrand. Es besteht aus kalkigen und mergeligen Sedimenten, die sich in der Zeit vor 250 bis 65 Millionen Jahren im flachen Urmittelmeer (Tethys) ablagerten.

Ganze Berge werden nach Norden verschoben

Der Druck während der Gebirgsbildung verformte die Gesteine im Bereich des Alpengürtels. Viele der Sedimente aus der Tethys sind heute nicht mehr an ihrem Ablagerungsort. Dies lässt sich beim Helvetikum erkennen: In einer späten Phase der Alpenbildung wurden die helvetischen Sedimente durch den Druck der von Süden vorrückenden afrikanischen Kontinentalplatte vom kristallinen Untergrund abgeschert, verfaltet und bis zu 50 Kilometer weit nach Nordwesten überschoben. Dort bilden sie heute mächtige Deckenstapel. Die in den Gesteinspaketen enthaltenen, weichen Schichten aus Mergel und Tonschiefer dienten als Schmiermaterial. Helvetische Decken treten beispielsweise beim Säntis, Titlis und den Churfirsten auf.

Die Churfirsten sind ein eindrückliches Beispiel für die Deckenstapel des Helvetikums. Foto: © swisseduc / Dr. Jürg Alean
Die Churfirsten sind ein eindrückliches Beispiel für die Deckenstapel des Helvetikums. Foto: © swisseduc / Dr. Jürg Alean

4. Zentral- und Südalpen mit Kristallin

Die Schweizer Alpen bilden den zentralen Teil des gesamten Alpenbogens, der sich von Nizza am Mittelmeer bis nach Wien erstreckt. Die hohen Erhebungen und Gletscher sind charakteristisch für die Zentralalpen, die neben Sedimentgesteinen auch kristalline und metamorphe Gesteine enthalten. Viele Gipfel sind noch spitz und scharfkantig, denn sie wurden während der Eiszeiten nicht von Eis bedeckt beziehungsweise nicht von diesem abgeschliffen.

Afrika und Europa treffen aufeinander

Geologisch gesehen treffen in den Alpen Afrika und Europa aufeinander. Afrika bewegt sich seit rund 130 Millionen Jahren nach Norden und drückt gegen den eurasischen Kontinent. Die Alpenbildung setzte am Ende der Kreidezeit vor rund 80 Millionen Jahren ein, als Folge der beginnenden Kollision des afrikanischen mit dem europäischen Kontinent. Sie erfuhr ihren Höhepunkt vor etwa 30 Millionen Jahren. Durch den Schub aus Süden und das Einengen der Gesteinsmassen wichen diese nicht nur in die Höhe, sondern auch in die Tiefe aus. Die Dicke der kontinentalen Erdkruste wuchs auf weit über 50 Kilometer an.

Alpen sind wie ein schwimmender Eisberg

Die Alpen bestehen grösstenteils aus kontinentaler Kruste, die eine kleinere Dichte besitzt als der darunterliegende Teil des Erdmantels. Wegen der Verdickung während der Alpenbildung ist die Erdkruste im Alpenraum dicker als im Vorland. Die Situation lässt sich mit einem Eisberg vergleichen, der im Wasser schwimmt. Eis besitzt eine geringere Dichte als Wasser. Wenn der Eisberg oben abschmilzt, so steigt er aus dem Wasser auf, bis das Gleichgewicht wiederhergestellt ist.

Auch die Alpen verlieren an Masse; dies durch Verwitterung und Erosion. Bereits als die Alpenbildung begann, wurde Material vor allem durch Prozesse abgetragen, bei denen die Schwerkraft, fliessendes Wasser oder Wind beteiligt sind. Das Material lagerte sich im Mittelland als Molasse ab. Diese Sedimentumlagerung wurde insbesondere während Vergletscherungen in jüngerer Zeit noch verstärkt.

Erdbeben durch Alpenhebung

Die Gegend um Brig und um Chur hebt sich bis zu 1,5 Millimeter pro Jahr. In diesen Gebieten treten auch häufiger Erdbeben auf. Die andauernde Hebung und Deformation sowie die damit verbundene Erosion sind wichtige Gründe dafür, dass der Alpenraum für ein Lager für hochaktive Abfälle nicht in Frage kommt.

Granitlandschaft in der Zentralschweiz. Die Kuppen im Vordergrund des Bildes wurden durch Gletschereis rundgeschliffen, während die Spitzen im Hintergrund ihre Kanten behalten haben. Foto: Nagra

Zentralmassive mit kristallinem Grundgebirge

Das kristalline Grundgebirge liegt in den Zentralalpen sichtbar an der Oberfläche. Die Zentralmassive wie das Aar-, das Gotthard- oder das Mont Blanc-Massiv im Südwesten der Schweiz bestehen hauptsächlich aus granitischen Gesteinen und Gneisen. Der Druck während der Gebirgsbildung verformte die Gesteine im Bereich des Alpengürtels stark. Sowohl das Aar- als auch das Gotthard-Massiv wurden zwar gestaucht, aber nicht von ihrem Entstehungsort wegbewegt. Diese Massive sind von Sedimenten umgeben, die verschiedentlich metamorph überprägt wurden.

Im Felslabor Grimsel forscht die Nagra zusammen mit Partnern an der Entsorgung radioaktiver Abfälle. Es liegt in granitischen Gesteinen des Aar-Massivs und kann gegen Voranmeldung besucht werden.

Markante Störungszone mitten durchs Tessin

Weiter südlich im Tessin liegen zuerst die penninischen Kristallindecken und dann die «Insubrische Linie». Bei dieser markanten Störungszone, die von Osten nach Westen durch die Alpen verläuft, trifft die Adriatische Platte auf die Europäische Platte. Südlich dieser Linie liegen die Südalpen, die einerseits aus Kristallin und andererseits im Gebiet südlich von Lugano aus Sedimenten bestehen. Die Zentralalpen mit Penninikum und ein Grossteil der Südalpen bestehen somit aus Kristallin.

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Weitere Quellen